EIN DIGITALES EUROPA UND DATENFREIZÜGIGKEIT
Quelle: EU2017.EE
Ein starker Binnenmarkt, der nach Wachstum und der Schaffung neuer Arbeitsplätze strebt, muss bei technologischen Fortschritten und der zunehmenden Digitalisierung der Gesellschaft stets am Puls der Zeit bleiben. Informations- und Kommunikationstechnologien sind keine gesonderten Branchen mehr; sie sind das Rückgrat einer jeden modernen und innovativen Wirtschaft. Das Internet und digitale Technologien verändern Leben, Arbeitsplätze und Gesellschaften und sind so in allen Branchen integriert. Mit dem technologischen Fortschritt gehen gleichzeitig sowohl Risiken für unsere Sicherheit und Demokratie als auch Möglichkeiten zur Verteidigung unserer Werte einher.
Europa muss mit den technologischen Entwicklungen Schritt halten und das Potential jener Entwicklungen vollends ausschöpfen. Dies wird zur Verbesserung des alltäglichen Lebens eines jeden Bürgers, Unternehmens und Mitgliedstaats beitragen. Estlands Ziel ist es, die von der Europäischen Kommission verabschiedete Strategie für einen Digitalen Binnenmarkt für Europa voranzutreiben. Wir möchten zudem die Diskussionen über Themen, die essentiell für die Wirtschaft der Europäischen Union sind, wie zum Beispiel die Zukunft des E-Governments, Cybersicherheit und Datenfreizügigkeit, weiter voranbringen. Estland wird eine Vielzahl von Veranstaltungen sowie ein Digitales Gipfeltreffen abhalten, um weitere offene Diskussionen über Europas digitale Zukunft zu führen.
Datenfreizügigkeit ist essentiell für die Entwicklung einer digitalen Gesellschaft
Mit dem technologischen Fortschritt sind Daten und Informationen zu einer wichtigen Ressource geworden und sind nun ein einflussreicher Faktor für gesellschaftliche Entwicklung und Wirtschaftswachstum. Die Europäische Union befindet sich im Anfangsstadium einer datengestützten Wirtschaft. Der estnische Vorsitz setzt sich dafür ein, die digitale Gesellschaft in allen Lebensbereichen voranzutreiben.
Die Europäische Union muss die ungerechtfertigte geographische Einschränkung von nicht-personenbezogenen Daten beenden, rechtliche Klarheit zum Thema Eigentumsrecht von nicht-personenbezogenen Daten schaffen und die zuverlässige Datensicherung sowie den Datenaustausch im öffentlichen Dienst auf Basis des Prinzips der einmaligen Nutzung gewährleisten. Estland möchte eine flächendeckende Debatte über Datenfreizügigkeit und Maßnahmen zur Stärkung der Datenwirtschaft eröffnen.
Eine schnelle, zuverlässige und überall verfügbare Internetverbindung ist die tragende Säule einer smarten, datengestützten Wirtschaft
Eine smarte Wirtschaft stützt sich auf die Interoperabilität von Datenbeständen und digitalen Technologien um wirtschaftlichen Erfolg und die Zufriedenheit und Gesundheit der Bürger zu sichern. Um die smarte Wirtschaft in Europa weiter zu fördern, müssen wir uns auf Initiativen konzentrieren, die zur universellen, technologiebasierten Digitalisierung der Wirtschaft beitragen. Ein gesundes Klima für neue Dienstleistungen wird durch eine europaweite moderne, zugängliche und sichere elektronische Kommunikation gesichert; dies wäre gemeinsam mit der Gründung des europäischen Kodexes für die elektronische Kommunikation auch ein großer Schritt in Richtung Gigabit-Gesellschaft.
Das zuvor vorgeschlagene Single Digital Gateway, welches grenzübergreifende Dienstleistungen erleichtert, ist auch ein wichtiger Faktor für die Stärkung des Unternehmertums. Das Gateway macht es Firmen einfacher, auf den Märkten der anderen Mitgliedstaaten aktiv zu werden, sich in ihnen zurechtzufinden und Informationen über örtliche Regelungen und öffentliche Dienste zu erfahren.
Die Entwicklung von E-Services und E-Commerce gibt Europäern mehr Entscheidungsfreiheit
Der estnische Vorsitz konzentriert sich auf die Entwicklung des grenzübergreifenden E-Commerce und von E-Services zum Wohle der Verbraucher und Unternehmen. Eine Voraussetzung für reibungslosen E-Commerce in Europa ist der Verbraucherschutz aller Verbraucher unabhängig ihrer Herkunft. Wir müssen ein EU-weites Abkommen zur Regulierung geographischer Einschränkungen schließen, um ungerechtfertigtes Blockieren bestimmter Inhalte innerhalb der EU zu verhindern. Der Mangel eines einheitlichen Vertragsrechts im Bezug auf digitale Inhalte und Onlinehandel ist eine Barriere für E-Commerce. Estland möchte die Verhandlungen zum Vertragsrechtspaket voranbringen, um rechtliche Sicherheit und Klarheit für Unternehmen und Verbraucher zu erlangen.
Estland wird sich auch für eine Urheberrechtsreform einsetzen, da das Urheberrecht stets mit der Zeit und in diesem Falle mit digitalen Lösungen und Entwicklungen gehen muss. Vor dem Hintergrund neuer Gegebenheiten auf den Märkten muss eine größere Auswahl digitaler Inhalte durch das Urheberrecht geschützt werden, beispielsweise durch Maßnahmen wie eine Vereinheitlichung der Rechtslage für freie Benutzung geschützter Werke, ohne dass dies zulasten eines gerechten Markts in Sachen Urheberrecht geht. Des Weiteren würde eine rechtliche Erneuerung im Bereich der audiovisuellen Mediendienste zur gerechten Behandlung aller Wettbewerber beitragen, eine gute Umgebung für die Entwicklung weiterer solcher Dienste schaffen und den Verbrauchern so mehr Auswahlmöglichkeiten bieten. Deshalb strebt Estland einen Konsens zur Ergänzung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste an.
Öffentliche E-Services vereinfachen auch grenzübergreifende Formalitäten
Der Europäische Aktionsplan für E-Government von 2016-2020 hat sich die Entwicklung von reibungslosen grenzübergreifenden digitalen öffentlichen Diensten zum Ziel gemacht, um die administrative Belastung für Unternehmen und Bürger durch die Beschleunigung und Vereinfachung ihrer Interaktionen mit öffentlichen Ämtern zu mindern. Estland möchte die nachhaltige und effiziente Implementierung des Aktionsplans sicherstellen und die Einführung der elektronischen Identifizierung (eID) sowie Treuhandservices beschleunigen.
Estland wird auch sicherstellen, dass die E-Government-Prinzipien ausnahmslos in den Initiativen anderer Branchen umgesetzt werden. Der Vorsitz möchte eine zukunftsgerichtete Debatte führen, die zur Tallinner Erklärung zum E-Government führen soll – zu einem gemeinsamen und geeinten Verständnis der Mitgliedstaaten über die Lösungsansätze zur Erlangung eines effizienten E-Governments in der Europäischen Union, auch in grenzübergreifenden Fragen. Estland wünscht sich ein E-Government, das den Binnenmarkt stärkt und auf den wichtigen Prinzipien einer funktionierenden digitalen Gesellschaft basiert: „digital by default“, „once-only“ und „no-legacy“-Prinzipien sowie die Datenfreizügigkeit.
Wir wollen zudem eine Diskussion zur stärkeren Kooperation und Koordination von E-Health beginnen, um die notwendigen Rahmenbedingungen für eine weitere und grenzübergreifende Nutzung von Gesundheitsdaten zu schaffen und die Behandlung, Forschung und datenbasierte Innovation im Gesundheitswesen zu stärken. Dahingehend wollen wir uns auf praktische Lösungsansätze für die Kooperation innerhalb der Europäischen Union konzentrieren, allen Bürgern besseren Zugang und umfangreichere Kontrolle über die Nutzung ihrer Gesundheitsdaten geben und zugleich die Möglichkeit bieten, auf einer sicheren Plattform Gesundheitsdaten für E-Services zu übertragen.
Heutzutage ist IT in rechtlichen Prozeduren weitverbreitet und ermöglicht den Bürgern der Europäischen Union einen besseren Zugang zum Justizsystem. Alle Menschen haben ein Recht auf Zugang zu einer effektiven Justiz und der estnische Vorsitz möchte mit einer zukunftssicheren E-Justice einen Beitrag zu dieser Entwicklung leisten.
Estland wird zudem zur Einführung digitaler Lösungsansätze und Technologien außerhalb der EU beitragen, indem digitale Lösungsansätze zu einem Teil der Entwicklungspolitik werden.
Vertrauen und Sicherheit sind essentiell für die Entwicklung einer digitalen Gesellschaft
Die Entwicklung einer digitalen Gesellschaft eröffnet neue Möglichkeiten und Chancen, macht uns aber gleichzeitig verwundbarer, schafft Risiken und verstärkt bereits existente Risiken, zum Beispiel den absichtlichen Missbrauch von Technologien. Im Cyberspace muss Europa für seine Werte einstehen und seine eigene Sicherheit gewährleisten.
Estland setzt sich für eine enge und weitreichende Kooperation der Europäischen Union in Sachen Cybersicherheit ein und betrachtet die Thematik als Chance, nicht als Hindernis. Dahingehend ist es ungemein wichtig, die Cybersicherheitsstrategie der Europäischen Union und das Mandat der Agentur der Europäischen Union für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) zu erneuern. Gesetze zum Thema E-Privacy müssen die Rechtslage auf den neuesten Stand bringen und eine Datenschutzreform würde zu einem stärkeren Vertrauen in EU-Institutionen führen. Estland möchte zudem die Verhandlungen über E-Privacy-Regulierungen voranbringen.