E-Mail Response Management Systeme

04.08.2017.

Holger Haseney – Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der TeDeG GmbH (Düsseldorf).

1 Definition der Technologie/des Systems

Wozu braucht ein Kunden-Mail ein ERMS?

Die Zahl der E-Mails und die Erwartungshaltung auf eine rasche Reaktion wächst unaufhörlich – Steigerungsraten im E-Mail-Verkehr von über 10% pro Jahr sind realistisch und müssen von den Unternehmen verarbeitet werden. Hierfür benötigen die Unternehmen die passende Systemunterstützung: ein Business Support System namens ERMS.

Ein ERMS, E-Mail Response Management System, häufig auch E-Mail Management System genannt, ist eine datenbankbasierte Anwendung, die mit vorhandenen Mailservern kommuniziert und der strukturierten, automatisierten und nachvollziehbaren Bearbeitung von großen Mengen eingehender E-Mails, z.B. im Contact Center dient. Die externen E-Mails von Kunden, Interessenten und Partnern werden an zentrale Adressen (z.B. info@.de) geschickt und möglichst zeitnah (innerhalb eines Werktages!) bearbeitet. Die Bearbeitung umfaßt eine Kategorisierung des E-Mail-Inhalts, die Aussendung einer personalisierten Empfangsbestätigung und evtl. bereits die Anreicherung der E-Mail mit möglichen Antwortvorschlägen. Dabei wird u.a. angestrebt, die Anfrage möglichst schnell und fallabschließend zu bearbeiten, Effizienz und Agentenleistung zu steigern, die Konsistenz der Antworten und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und das E-Mail Aufkommen lückenlos zu dokumentieren. Alle diese Schritte werden mit ausgeprägten Automatisierungsfunktionen belegt (Textanalyse, Regelwerk, Workflow, Reporting).

2 Einsatzbereich, Funktionen und Abläufe eines ERMS im Unternehmen

ERMS: E-Mails Richtig Managen mit System

Der Einsatzbereich eines ERMS liegt in erster Linie im Contact Center oder im Helpdesk, wo die Mitarbeiter (E-Mail- Agenten) ausschließlich mit der Kommunikation nach außen beschäftigt sind. E-Mails sollten dort fallabschließend beantwortet und die Fachabteilungen nur bei Bedarf angesprochen werden.

Ein Kunde schreibt eine E-Mail an inf@.de, die ins ERM-System des Adressaten gelangt und dort automatisch bestätigt wird. Aus der nfo@firma.de wird dann ein Vorgang generiert und im System vorprozessiert (Textanalyse, Kategorisierung, Routing), mit Antwortvorschlägen angereichert und in eine Warteschlange abgelegt. Von dort wird der Vorgang durch einen Agent agerufen und mit Unterstützung von zusätzlichen Informatioenn aus der Wissensdatenbank bearbeitet. Die Antwort wird versendet und der Vorgang abgeschlossen.

Grundfunktionen

Jedes ERMS besteht immer aus einzelnen Modulen für die Kommunikation mit den einzelnen Mailservern, zum Abrufen und Senden von E-Mails, für Inhaltsanalyse und Kategorisierung, für die Automatisierungsfunktionen, die Steuerung des Workflows, Reporting und Benutzerverwaltung.

Die Module laufen als Serverdienste und alle Daten liegen in einem Datenbankmanagementsystem (DBMS)

Aus der Praxis: Sinnvolle Funktionen eines ERMS

In der Praxis haben sich folgenden Funktionen und Merkmale eines ERMS als sinnvoll für einen leistungsfähigen und stabilen Betrieb erwiesen:

  • Erstellung des Vorgangs aus der eingehenden E-Mail und Identifizierung des Absenders zur Personalisierung und für die Kontakthistorie.
  • Erkennung, ob die E-Mail in einem Webformular oder mit einem E-Mail-Client erstellt wurde.
  • Inhaltliche Analyse des Textes, Kategorisierung und strukturierte Weiterleitung an den richtigen Bearbeiter (push/pull) nach festgelegten Regeln bzw. mit Methoden der künstlichen Intelligenz.
  • Automatische Versendung einer – möglichst personalisierten – themenspezifischen Empfangsbestätigung.
  • Optionale automatische Beantwortung der eingegangenen E-Mail.
  • Generierung von Antwortvorschlägen und Bereitstellung in der Agentenoberfläche zur manuellen Bearbeitung der E-Mail.
  • Bearbeitungshilfen (Textbausteine, Grußformeln, Kategorien, Kundenhistorie, Notizen, Suchfunktion usw.).
  • Recherchemöglichkeiten innerhalb des Systems, um Vorgänge und Kundendaten zu finden.
  • Überwachung der Liege- und Antwortzeiten mit Eskalationsregeln.
  • Einbindung externer Ressourcen (2nd Level/Fachabteilung) für E-Mails, die nicht im Contact Center abgeschlossen werden können, unter Beibehaltung der Service Level Überwachung
  • Mögliche Integration mit externen Knowledge Systemen.
  • Echtzeitüberwachung des Systems und vollständige Dokumentation aller Bearbeitungsschritte.
  • Anbindung an Front Office Systeme und andere Kommunikationslösungen, wie ACD/CTI für Datentransfer, Routing, Reporting und zur Ergänzung der Kundenhistorie.
  • Integrierte hierarchische Benutzerverwaltung mit Zugriffsberechtigung.
  • Mandantenfähigkeit mit völliger Trennung aller Daten nach inhaltlichen und formalen Gesichtspunkten und Abbildung einer Abteilungsstruktur.
  • Integrierte Methoden zur Qualitätssicherung.
  • Bedienung über einen browserbasierten Client

3 Einordnung in das Gesamtgebilde Call Center/ Kundenservice

Ein besonderes Ergebnis braucht Mut zu neuen Entwürfen und verlangt Sorgfalt bei der Verwirklichung

Der grundsätzliche Aufbau eines ERMS wird in der Grafik dargestellt.

3.1. Zusammenspiel mit anderen Komponenten

Integrierte Lösung, statt „aus jedem Dorf “nen Köter”.

Neben den oben beschriebenen Standardkomponenten eines ERMS ergibt sich durch die Einbettung der E-Mail Bearbeitung in eine umfassendes Omni-Channel Engagement Management Lösung insbesondere folgendes wichtiges Zusammenspiel von Komponenten:

  • Komponente Knowledge Management einerseits zur Unterstützung der Agenten bei der E-Mail Bearbeitung und andererseits durch den Verweis auf externe Inhalte (FAQs etc.) über Links in den E-Mail Texten.
  • Komponente Prozess Management für über einfache Bearbeitungsqueues hinausgehende Workflows und Bearbeitungsprozesse direkt angestoßen aus der E-Mail Bearbeitung.
  • Komponente Case Management über die Zuordnung der E-Mail Konversationen zu Falltypen und die idealerweise automatisierte Übernahme von Geschäftsobjekten, Anwendung von Geschäftsregeln und die Bereitstellung von Wissen.

3.2. Notwendige Integration

Für das ERMS erweisen sich folgende Integrationen als wesentlich zur Erfüllung der oben genannten Anforderungen:

Omni-Channel Integration

  • Zugriff auf die Kontakt- bzw. Fallhistorien über alle Kanäle (d.h. neben E-Mail auch Informationen zu Anrufen, Chat Sessions, Briefen etc.) inkl. der ausgetauschten Dokumente.
  • Damit auch Möglichkeit eine Kanalwechsels in Verbindung mit E-Mail wie z.B. E-Mail Konversationen auf Basis von Anrufen oder Chat Sessions; eine E-Mail Empfangsbestätigung enthält eine Link zum WSS und erspart im Erfolgsfall die weitere E-Mail Bearbeitung etc.

Externe Integration

  • Integration von Kundendatenbank, CRM System, ERP System, Legacy Systeme etc. zur Bereitstellung von kontextuellem Wissen für die E-Mail Bearbeitung (360° Sicht).
  • Alles bekannte und für die Fallbearbeitung nützliche Wissen über den Kunden (abhängig von den Agentenberechtigungen) soll zur Verfügung gestellt werden.
  • Damit Identifikation von Up/Cross Selling Möglichkeiten, sowie auch Unterscheidung der Kundenqualität etc.

4 Fallbeispiel – internationale Versicherung

Mehr E-Mails bitte!

Referenzprojekt

  • Einführung & Betrieb eines E-Mail-Response-Management-Systems im Contact Center (D)
  • System: KANA Response (jetzt Vers. 15R4)
  • Auslegung: 1 x Produktions- und 2 x Testserver (in House) mit nn E-Mail-Agenten (Anbindung via Webclient)

Leistungen TeDeG

  • Prozessberatung und -Unterstützung
  • KANA-Software-Lizenzierung inkl. Updates
  • 6×12 h Systemsupport, Durchführung von Systemupgrades, Konfiguration, Erstellung individueller KPI/SLA Reports

Ablauf

  • Analyse des Prozesses der E-Mail-Bearbeitung im Contact Center
  • Messung und Dokumentation der Bearbeitungszeiten sowie der Ergebnisse, ROI-Erstellung
  • Entwicklung eines prozessualen und technischen Blueprints
  • Definition und Umsetzung der Lösung
  • Permanente Begleitung & Optimierung der prozessualen und technischen Umsetzung der KANA Software und deren Einbindung in die Konzern-IT für die Bereiche Sales & Service

Resultate

  • Erhöhung des Anteils standardisierter Antworten auf über 90 Prozent
  • weitere Verbreitung (mehr User, zusätzliche Prozesse) und intensivere Nutzung des Systems
  • nachhaltige Kundenbindung durch raschere Beantwortung von Anfragen (i.d.R. innerhalb eines Werktages)
  • Umwandlungsquote von 20% bei Salesanfragen, d.h. jede fünfte E-Mail-Anfrage zu einem Versicherungsprodukt führt durch die individuelle und rasche E-Mail-Beantwortung (Angebot) zu einem Abschluss!

Ausblick

Weiterentwicklung und Integration in eine einheitliche Omni-Channel-Umgebung (Chat, Telefonie, Knowledge-Management)

5 Konkreter Nutzen: Wann lohnt sich ein ERMS?

Jedes Unternehmen mit einer Telefonanlage braucht auch ein ERMS.

Die unstrukturierte und nicht systemunterstützte Bearbeitung von E-Mails verursacht einen Anstieg der Kosten für die Beantwortung. Wenn jetzt eine hohe Anzahl der eingehenden E-Mails erreicht ist (kritische Schwelle ab ca. 10.000 Mails/Monat) und die technischen und organisatorischen Voraussetzungen gegeben sind (zentrale E-Mail-Adresse, Wunsch nach Entlastung der Fachabteilung, Konsistenz/Schnelligkeit der Antworten, strategische Nutzung von E-Mail Kommunikation im Unternehmen) ist die Investition sehr schnell gerechtfertigt und notwendig sein (ROI meist unter 10 Monaten).

Die vorhandenen Automatisierungs-und Bearbeitungshilfen im ERMS senken die Bearbeitungszeit der E-Mail-Anfragen oft über 80% (Stückkostenthematik).

Hinzu kommen wesentliche funktionale und ergonomische Vorteile gegenüber einer konventionellen Bearbeitung mittels E-Mail-Clients wie MS-Outlook oder Lotus Notes.

(Diese beiden Mailsysteme sind für die individuelle Bürokommunikation, jedoch nicht für den Einsatz im Kundenservice und Contact Center geeignet.)

Als „Kollateralnutzen“ sei an dieser Stelle auch die deutlich gesteigerte Transparenz im Sinne der Echtzeit-Marktforschung genannt: Was wird gerade angefragt?

Was sind die momentanen KBF („Kittel-brennt-Faktoren“) meiner Kunden und Partner im Markt?

Bei Vorliegen der obigen Kriterien stellt wohl kein anderes IT-System einen vergleichbar kurzen hart rechenbaren ROI bei gleichzeitiger Verbesserung des Kundenservices für E-Mail-Anfragen dar, wie ein ERMS.

Siehe auch: Studie und Marktübersicht ERMS – 9.Auflage

http://www.tedeg.com/text/html/de/kommunikation/studien.htm

6 weitere Entwicklung dieser Technologie

Omni-Channel – ein ERMS bleibt selten allein.

Wie generell vollzieht sich auch hier die Technikentwicklung hin zu einer höheren Integration (von Kommunikationskanälen). Die damit einhergehende Komplexität stellt Softwarehersteller vor hohe Anforderungen.

D.h. während typischerweise die Grundfunktionalität eines professionellen ERMS als ausgereift betrachtet werden kann, wird auch die Einbettung von E-Mail als nur ein möglicher Kanal in eine Omni-Channel Engagement Lösung zunehmend wichtiger – siehe dazu die Ausführungen zum Zusammenspiel mit anderen Komponenten sowie betreffend notwendiger Integrationen im Kapitel 3.

Dabei erfolgt die Kommunikation mit externen Systemen wie den Telefonanlagen führender Anbieter und Front-/ Back-Office Anwendungen (CRM; ERP; Billing) im Regelfall über vorkonfigurierte Schnittstellen (-module), sodass eine Anbindung an diese Systeme ohne großen Aufwand und teurer Individualprogrammierung erfolgen kann.

Der Einsatz einer leistungsfähigen Anwendung für die Wissensbasis (Knowledge Base), empfehlen wir spätestens dann, wenn mehrere Kommunikationskanäle (Web, Telefon, E-Mail, Chat, etc.) damit bedient und konsistente Antworten erwartet werden. Mit dem vorhandenen Bedarf und der Verbreitung von Omni-Channel-Lösungen ist die Einführung eines darin integrierbaren ERMS ein erster Schritt zur weiteren notwendigen Digitalisierung im Kundenservice.

Quelle: Digital Customer Service 2017

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