Digitalisierung als Weißbuch? Es geht um Partizipation!

11.04.2017.

Die G20-Digitalisierungsminister wollen sich dafür einsetzen, dass Digitalisierung allen Menschen nutzt, indem sie verbindliche Regulierungen installieren – das haben sie beim ersten gemeinsam Treffen seiner Art im April 2017 in Düsseldorf diskutiert. Aber welche Probleme und Potenziale bringt der digitale Wandel tatsächlich für Gesellschaft und Wirtschaft? Und was können Digitalisierungsminister dazu beitragen?

Florian Kondert | www.zukunftsinstitut.de

Quelle: www.zukunftsinstitut.de

Digitalisierung als Antwort auf Überschuss

Die charakteristischen Eigenschaften der Digitalisierung haben bereits Einzug gehalten in unser aller Mindset. Sie stellen nicht nur eine Chance oder ein Risiko dar, sondern sind bereits prägender Treiber unserer kulturellen DNA geworden. Sherry Turkle, Professorin für Science, Technology and Society am MIT, fast dieses Phänomen treffend zusammen: “Technology doesn’t just do things for us. It does things to us, changing not just what we do but who we are.” Die Gesellschaft hat sich bereits heute drei wesentliche digitale Praktiken und Eigenschaften angeeignet, die im systemischen Sinne auch die Wirtschaft prägen: Referenz, Gemeinschaft und Algorithmus.

Referenz

Digitalisierung macht sich in der Gesellschaft bemerkbar durch die unendliche Menge potenzieller Referenzen, die zum oft beschworenen “Information Overflow” führen. Dabei übersehen wir aber den Überschuss an Potenzialen. Unsere Gesellschaft lernt seit jeher, mit Überschüssen umzugehen (Coping), den für sie wesentlichen Teil zu filtern und daraus Neues zu schaffen. Überschuss ist also eine Ressourcen-Grundlage für Problemlösung. Neu im Kontext der digitalisierten Welt ist die Menge an Rohstoffen (Information), die uns zur Produktion von Lösungen und kulturprägenden Fragmenten zur Verfügung stehen, ebenso wie das Potenzial der Veröffentlichung dieser Fragmente. Weil nahezu uneingeschränkter Zugriff auf die Tools besteht, schaffen wir uns einen extrem heterogenen und öffentlich zugänglichen Bezugsrahmen für Identifikation innerhalb unserer Gesellschaft. Wir erkennen, dass es mehr gibt als nur “konservativ” oder “liberal”, Fußball oder Eishockey, Pop- oder Volksmusik. Identität wird zu einer kleinteiligen, sich schnell wandelnden Herausforderung. Dies ist auch ein wesentlicher Grund dafür, dass die stabilisierende Mitte der Gesellschaft immer stärker schrumpft – auch in Deutschland (mehr dazu in der Studie “Next Germany”, die das Zukunftsinstitut Ende Mai publizieren wird).

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