Den Kunden das Leben erleichtern
Andreas Lang
Mit nützlichen Angeboten und günstigen Preisen lassen sich leicht neue Kunden gewinnen. Um sie zu halten, braucht es aber mehr: eine herausragende Servicekultur, die den Kunden in den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit stellt. Unternehmen, die das erreichen wollen, müssen die ganze Organisation darauf ausrichten und Mitarbeitende zu Customer Service Excellence befähigen.
Die Hirnforschung zeigt es: Kaufentscheidungen werden mehrheitlich unbewusst getroffen und sind fast immer emotional geprägt. Natürlich muss auch die Basisleistung stimmen, damit ein Unternehmen für die Kunden überhaupt in Frage kommt. Doch eine hohe Produktqualität macht lediglich zufriedene Kunden – noch keine loyalen. Dazu braucht es eine emotionale Verbundenheit.
Die Servicequalität spielt dabei eine entscheidende Rolle, wie eine 2017 publizierte Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) bestätigt. Es handelt sich um die bisher umfassendste Studie zum Thema Kundenservice im deutschsprachigen Raum. Mehr als 3500 Privatpersonen sowie 100 Unternehmensvertreter wurden dafür befragt. Eine der zentralen Erkenntnisse: Kunden, die sich als Fans eines Unternehmens bezeichnen, tun das primär aufgrund des Kundenservice. Die Produktqualität ist erst der zweitwichtigste Faktor für Kundenloyalität. Der Preis spielt sogar eine untergeordnete Rolle.
Aus der Masse herausstechen
Gemäss der Studie schätzen viele Unternehmen die Erfolgsfaktoren für loyale Kunden falsch ein. Sie gehen irrtümlicherweise davon aus, dass vor allem tolle Produkte Kunden uz Fans machen. Unternehmen tun also gut daran, stärker in Service Excellence zu investieren. Wer den Kunden bei jedem Kontaktpunkt das Leben erleichtert, sie umsorgt und ihnen mit dem Service einen echten Mehrwert bietet, sticht aus der Masse heraus.
Freundliche Mitarbeitende bilden dabei die Basis. Service Excellence erfordert aber noch mehr. Sie muss eine tragende Säule der Unternehmensphilosophie sein und als Managementansatz dienen. Wenn ein Unternehmen das Konzept der Customer Service Excellence einführt, kommt das einer Organisationsentwicklung gleich. Zunächst werden die Strukturen überprüft und optimiert. Danach passt das Unternehmen Prozesse, Technologien und Personalentwicklung an – immer mit dem Fokus, die ganze Organisation auf Spitzenleistungen auszurichten.
Anpassungen auf drei Ebenen
Durch die Anpassung ihrer Prozesse stellen Unternehmen sicher, dass die Kunden ihre Anliegen leicht über die bevorzugten Kommunikationskanäle platzieren können. Das sorgt für ein Premium-Kundenerlebnis an allen Touchpoints. Dabei dient das Service-Excellence- Konzept als Treiber für eine kontinuierliche Verbesserung der Prozesse.
Die Anpassung der Technologien wiederum hat zum Ziel, die angestrebte Multichannel- Betreuung im Alltag umzusetzen. Insbesondere werden Daten über die Kunden wie Vorgeschichte, Präferenzen und Wünsche zentral erfasst und gemäss dem One-View-tothe- Customer-Prinzip sämtlichen Mitarbeitenden mit Kundenkontakt zugänglich gemacht. Kundenanfragen, egal über welchen Kanal sie eingehen, tragen die Mitarbeitenden ins CRM-System ein. Zusätzlich braucht es Self-Service-Technologien: Die Kunden erhalten die Möglichkeit, Services rund um die Uhr via Kundenportal zu nutzen.
Die wichtigste Anpassung ist jene der Personalentwicklung. Der Managementansatz der Customer Service Excellence hilft dabei, die relevanten Kompetenzen gezielt uz stärken. Dabei gilt es, konsequent die Kundensicht einzunehmen. Interne Zuständigkeiten etwa interessieren die Kunden nicht. Sie erleben das Unternehmen als Einheit. Somit fällt jede negative oder positive Erfahrung auf das gesamte Unternehmen zurück.
Verbindliche Servicelevels
Eine Vorbildfunktion übernehmen die Führungskräfte mit ihrer Wertschätzung gegenüber Kunden und Mitarbeitenden. Ihr Verhalten fördert beim Team das Bewusstsein für Service Excellence. Ein weiterer Baustein sind verbindliche Servicelevels, deren Einhaltung sich messen lässt. Darauf sollte auch das Anreizsystem abgestimmt werden – mit lohnrelevanten Zielen zur Servicequalität. Gleichzeitig verlangt Customer Service Excellence Handlungsspielraum für die Mitarbeitenden. Denn in vielen Situationen erwarten Kunden flexible Lösungen abseits von starren Richtlinien. Sie dann als Person individuell zu behandeln, stärkt die Loyalität der Kunden. Doch dazu muss das Unternehmen den Mitarbeitenden die nötige Autonomie geben.
Eigenverantwortung fördern
Das fordert auch einer der Vorreiter für Customer Service Excellence: Horst Schulze, Mitgründer der Hotelgruppe Ritz-Carlton (siehe Infobox). Zu seinen wichtigsten Managementgrundsätzen zählt, dass jeder Mitarbeiter ein Problem des Gastes zu seinem eigenen macht und es in eigener Verantwortung löst. Das gelingt, wenn Mitarbeitende dazu ermuntert und befähigt werden.
Spezifische Schulungen geben Sicherheit zum Umgang mit individuellen Kundenbedürfnissen und zeigen den Spielraum auf. Je authentischer und ermächtigter Mitarbeitende sind, desto mehr Wertschätzung bringen sie den Kunden entgegen. Die Fortschritte auf diesem Weg lassen sich messen und sollten regelmässig kommuniziert werden. Am besten bestimmt das Unternehmen eine Person auf Geschäftsleitungsebene, welche die Verantwortung für die Umsetzung des Kundenservice-Konzepts trägt. Denn Customer Service Excellence wird zwar vom ganzen Team erarbeitet, ist aber Chefsache.