Customer Journey Orchestration

27.07.2017.

Von: Harald Henn – Marketing Resultant GmbH

Die Anzahl der Kontaktpunkte, Kanäle, die Kunden für ein Anliegen nutzen, wächst. Website, App, Bewertungsforum, Anruf, E-Mail werden opportunistisch je nach Verfügbarkeit und Zweckmässigkeit eingesetzt. Dieses „Channel-Hopping“ der Kunden erfordert eine Orchestrierung der Kundeninteraktionen – eine Customer Journey Orchestration – denn häufig laufen die Kontakte über die einzelnen Kanäle im Unternehmen unkoordiniert auf. Verschiedene Zuständigkeiten, schlechte und mangelhafte Dokumentation und Speicherung der Kontaktergebnisse führen zu inkonsistenten Aussagen, Irritationen auf Kundenseite.

Die Kundenservice Organisation in vielen Unternehmen tut sich schwer damit, die Erwartungen der Kunden an schnellen, einfachen Service zu erfüllen. Zugegeben: Kunden haben ihre Ansprüche in den letzten Jahren schon ordentlich nach oben geschraubt. Dank Internet und smartphone lassen sich mobil, zu jeder Stunde Anfragen stellen, Produkte vergleichen, Dienstleistungen bestellen oder Beschwerden verfassen. Reichten vor einigen Jahren noch 2-3 Tage Antwortzeit auf ein E-Mail sind wir heute bei ca. 15 Minuten angelangt. Und neue Angebote wie Chat, Videochat sind Echtzeit-Kommunikations-Instrumente. Ein Kunde, der mit einem Unternehmen chatten will, wartet vielleicht eine halbe Minute auf ein Lebenszeichen. Länger nicht. Wozu auch? Wenn ein Unternehmen einen Chat anbietet, dann liegt es in der Verantwortung des Unternehmens für schnelle Antwortzeiten zu sorgen. Das Thema Schnelligkeit beschränkt sich nicht ausschliesslich auf das Thema Antwortzeitverhalten. Die interne Koordination der Kundenanfragen, die Synchronisation der Daten und Interaktionen, so dass in Echtzeit unabhängig von Kanal und Kontaktpunkt eine konsistente Auskunft für den Kunden gegeben werden kann, gehört mittlerweile zum Pflichtprogramm für die Unternehmen. Customer Journey Orchestration muss dabei vor allem die Herausforderungen in der gewachsenen IT/TK-Landschaft in den Unternehmen adressieren.

Aus dem Blickwinkel der Customer Service Organisationen ist es zwingend notwendig sich im ersten Schritt einen Überblick über die Ist-Customer Journeys zu verschaffen.

1. Die Customer Journey kennen und verstehen: Die Grundlage für individuelle Dialoge.

Bevor man Kunden durch gute Betreuung zu treuen Kunden entwickeln kann, muss man sie verstehen. Welche touchpoints mit dem Unternehmen haben Sie erlebt? Welche Erfahrungen haben sie dabei gemacht. Was hat sie dabei begeistert? Was frustriert? Kunden zu begeistern und sich ihr Engagement zu verdienen ist in der heutigen Zeit schwierig. Kunden nutzen wesentlich mehr Kanäle und Kontaktpunkte als vor etwa 10 Jahren: Die Customer Journey für einen Produktkauf kann sich über viele Kanäle und touchpoints erstrecken; einige davon außerhalb des Einflussbereiches des Unternehmens. Bevor der Kunde zum ersten Mal mit dem Customer Engagement Center des Unternehmens in Berührung kommt, können schon viele positive wie negative Erfahrungen hinter ihm liegen. Eine wesentliche Aufgabe einer Customer Service Organisation besteht darin, Customer Journeys zu analysieren, die Kundenhistorie der Kundenreise aufzuzeigen und den Kontext zu verstehen in dem sich ein Kunde befindet, wenn er den Dialog mit dem Unternehmen aufnimmt. Kunden erwarten zunehmend, dass sie individuell angesprochen und betreut werden. Dass ein Unternehmen sie vergleichbar einem Tante Emma Laden kennt, Produktvorlieben und Präferenzen weiß und anwendet.

2. Customer Journey Orchestration: Die Transformation des Tante Emma Ladens in unsere heutige Zeit.

Bei hunderttausenden Kunden und vielen touchpoints für die Unternehmen kein einfaches Unterfangen. Dies ist vor allem eine technologische Herausforderung, die es zu bewältigen gibt. Eine neue Generation von Software-Systemen – Customer Journey Orchestration – wird deshalb zu einem wichtigen Baustein für Unternehmen. Ziel ist es, das Kundenverhalten so zu lenken, dass die Customer Journey für den Kunden bequemer und für das Unternehmen effizienter und effektiver wird.

Zu einer Customer Journey Orchestration gehört die Orchestrierung und Überwachung des gesamten Kundendialogs – über alle Kontakte und Touchpoints hinweg – sowie die fortlaufende Optimierung des Zusammenspiels der einzelnen Systeme wie auch der Organisation. Customer Journey Orchestration besteht aus dem technologischen Blickwinkel betrachtet aus drei wesentlichen Kernfunktionen:

  1. Erkennen
  2. Analysieren
  3. Personalisieren

Erkennen in diesem Zusammenhang bedeutet, dass ein Kunde oder Interessent an jedem Touchpoint, über jeden Kanal hinweg in Echtzeit erkannt werden muss und seine Customer Journey dabei lückenlos aufgezeichnet wird. Dazu müssen Customer Journey Orchestration Software Systeme per API Zugriff auf eine Vielzahl von Systemen haben, die alle jeweils in den Kundendialog involviert sind. Die nachfolgende Abbildung von kitewheel zeigt einen Ausschnitt der verfügbaren API´s zu den marktüblichen Systemen aus den unterschiedlichen Kategorien.

3. C ustomer Journey Analytics:

Die Grundlage für die Optimierung der Kundenansprache.

Die Erkennung mündet dabei in zwei Ergebnisse. Zum einen kann die individuelle Customer Journey eines Kunden abgebildet werden. Zum anderen lassen sich aber auch generelle Kunden- und Interessenten ströme entlang der verschiedenen Touchpoints visualisieren. Für den Mitarbeiter im Customer Service ist die Kenntnis der Customer Journey eines Anrufers oder chattenden Kunden von großem Vorteil. Er weiss z.B. welche Websites der Kunde vor dem Anruf besucht hat, welche anderen Touchpoints er benutzt hat, wo seine Fragen, Produktinteressen liegen können. Eine wichtige Grundlage für eine individuelle Ansprache des Kunden.

Bei der Analyse des gesamten Kundenstroms entlang einer Customer Journey gewinnt ein Unternehmen wertvolle Erkenntnisse. Abbrüche auf einer website, Kanalwechsel, bevorzugte „Wege“ von Kunden für die Erledigung von Anfragen, Bestellungen, Beschwerden etc werden durch das Echtzeit Monitoring von Customer Journey Orchestration Software Systemen wie kitewheel, Pointillist oder Thunderhead transparent. Die Visualisierung in Form von sogenannten sankey Diagrammen zeigt das Verhalten sehr plastisch auf.

Aus dem visualisierten Ist-Verhalten der Kunden und seinen Schwachstellen kann das Unternehmen Prozess-Verbesserungen vornehmen, Mitarbeiter entsprechend schulen und die Customer Journey neu gestalten und konzipieren. Die aus der Customer Journey Orchestration Software gesammelten Daten können zudem in CRM-Systeme zurückfliessen und vorhandene Kundendaten anreichern und ergänzen. Jede gewonnene Information aus den Customer Journey Orchestration Software Systemen erweitert und reichert das Bild über den Kunden an. Der Prozess Daten zu sammeln, auszuwerten und mit bereits vorhandenen Daten aus CRM-Systemen zu verknüpfen geschieht dabei in Echtzeit. Mit Hilfe der AI-Funktionalitäten, predictive analytics Verfahren in den Systemen lassen sich dann individuelle Vorschläge für eine Kundenansprache generieren. Diese Vorschläge – next best action – können einem Mitarbeiter in einem Contact Center angezeigt werden oder automatisiert ausgelöst und angestossen werden. So erhält ein Kunde je nach seinem Verhalten, entsprechende Vorschläge beim Besuch der Website oder einen individuellen E-Mail Newsletter.

Noch steht die Marktentwicklung für diese Software Kategorie der Customer Journey Orchestration am Anfang und der Funktionsumfang weist noch die eine oder Lücke auf. Dennoch. In Zeiten von omnikanalbasierten Kundendialogen mit einer Erwartung der Kunden an individuelle, personalisierte Kommunikation, einfachen, widerspruchsfreien Abläufen führt kein Weg an der Customer Journey Orchestration vorbei.

Quelle: Digital Customer Service 2017

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