Leitfaden zur digitalen Selbstbestimmung
Die Initiative D21 hat sich eine neue Strategie gegeben. Ziel der Neuorientierung ist es, den gesellschaftlichen Diskurs im Zuge der Digitalisierung weiter zu fördern und Entwicklungen zur Stärkung von Bürger- und Verbraucherrechten zu unterstützen.
D21-Geschäftsführerin Lena-Sophie Müller
Quelle: www.egovernment-computing.de
eGovernment Computing sprach mit der D21-Geschäftsführerin Lena-Sophie Müller über die Details der neuen Strategie und die Herausforderungen der Digitalisierung für Bürger und Unternehmen.
Frau Müller, die Initiative D21 hat es sich zur Aufgabe gemacht, den digitalen Wandel zu begleiten. Nun hat der Verein sich eine neue Strategie gegeben, um seinerseits auf diesen Wandel adäquat reagieren zu können. Welche Entwicklungen beim digitalen Wandel machten diese Anpassung notwendig?
Müller: Die Initiative D21 wurde 1999 mit dem Ziel gegründet, die digitale Spaltung der deutschen Gesellschaft zu verhindern. Damals ging es vorrangig um die Spaltung zwischen Onlinern und Offlinern. Wie unsere jährliche Studie D21-Digital-Index zeigt, nutzt inzwischen die Mehrheit der Deutschen das Internet, bei den unter 50-Jährigen ist es sogar nahezu jeder. Auch die älteren Menschen legen jedes Jahr merklich zu.
Inzwischen steht die qualitative Nutzung im Vordergrund, also das kompetente und selbstbestimmte Bewegenkönnen jedes einzelnen in unserer digitalisierten Welt. Die Gesellschaft bleibt also weiterhin der Ausgangspunkt unseres Handelns, aber wir sehen heute enormen Handlungsbedarf bei dem Wissen über sowie der Einstellung zur Digitalisierung und vor allem auch bei den digitalen Kompetenzen der Bevölkerung.
Die neuen Technologien machen unser Leben in vielen Punkten sehr viel einfacher und werden daher zunehmend genutzt – von den Menschen und der Wirtschaft. Gleichzeitig wird das Leben durch den digitalen Wandel aber komplexer und erfordert mehr Nachfragen und Mitdenken.
Da die Digitalisierung mit so vielen neuen Möglichkeiten einhergeht, stellen sich auch neue Fragen, beispielsweise welche Werte und Normen wir ins Digitale übertragen wollen und müssen. Wir fassen das unter dem Stichwort der digitalen Ethik zusammen und haben dazu auch gerade eine neue Arbeitsgruppe gegründet. Auch die aktuelle Debatte zu Fake News zeigt, dass bekannte Anker – hier in der Meinungsbildung – nicht mehr vollständig funktionieren.
Kritisches Betrachten von Aussagen und Quellen oder auch der vernünftige Umgang miteinander sind keine neuen Kompetenzen. Die Transformation an die Anforderungen der neuen Technologien scheint aber kaum vollzogen zu sein. Das bedeutet, die Schnelllebigkeit des Internets steht der Zeit und Mühe, die ein kritisches Quellenstudium erfordert, oft diametral gegenüber. Die Anonymität und das Fehlen des direkten Gegenübers bei digitaler Kommunikation hebelt immer wieder gängige Umgangsformen aus. Es liegt aber in der Hand der Menschen, das so nicht fortzuführen. Hierzu gehören individuelle Kompetenzen aber eben auch die Schaffung adäquater Rahmenbedingungen, um diese zum Beispiel über die Bildungsbiografie zu erlangen.