DIGITAL-CUSTOMER

09.05.2023.

Interview CRM-Finder Schweiz/DIGITALE SCHWEIZ mit Georg Blum, Experte für Kundenbeziehungen

Die digitale Wirtschaft funktioniert nur mit einer starkenKundenperspektive. Alle leben von Kunden. Wie aber verstehen wir diese? Wie betreuen und entwickeln wir sie nachhaltig? Ein Strategisches CRM ist die Lösung – seit vielen Jahren bekannt, meist verkannt, aber – Customer Relationship Management – at its best.

Was gehört alles zum Aufbau, zum Funktionieren und zur wirksamen Nutzung eines Strategischen CRMs? Welches sind die wichtigsten Bausteine zur Umsetzung? Worauf muss das Management achten, um mit Zielen und Handlungsweisen den Paradigmenwechsel von einer silo- bzw. funktionsorientierten Organisation in ein kundenorientiertes und zukunftsfähiges Unternehmen einzuleiten und dies zu unterstützen? Viele Fragen rund um das Thema Kundenmanagement respektive sich „managen lassen“ (CMR = Customer Managed Relations) durch die Kundenansprüche und -erwartungen.

Zu all diesen Themen unterhielten wir uns mit Georg Blum (GB), einem ausgewiesenen und erfahrenen Experten für Kundenmanagement 360-Grad. Er führt ein Beratungsunternehmen und betreibt eine Experten- und Marktplattform zum gesamten Werte-Flow in der Kundenbeziehung.

Die Idee zeitgemäss, längst überfällig, was aber konkret braucht es für eine gute und nachhaltige Umsetzung von einem Strategischen CRM?

Danke für Ihre Einladung zum Gespräch. Ja, seit vielen Jahren beschäftigen wir uns mit allen Themen rund um einen zufriedenen Kunden und ein wirkungsvolles Management um ihn herum und dies aus Sicht der Anbieter. Das ist manchmal wahrlich nicht ganz einfach! Heute sprechen wir von Account Management, Customer Centric, Customer Experience Management und so weiter. Oder Kundennähe in Echtzeit oder Service-Excellence sind weitere Schlagworte. Gerade aktuell sind die Diskussionen von Touchpoints und Chats und Bots in Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz. Aber, was steckt denn alles dahinter? Was gehört wirklich zu einer soliden Basis?Was gehört zu einem soliden Fundament, damit dieser Wandel mit Unterstützung digitaler Möglichkeiten in allen Unternehmensbereichen gelingt?

In den letzten paar Jahren sind extreme Fortschritte, alle in eine gute Richtung gemacht worden. Trotzdem gibt es noch sehr viel zu tun. Vor allem in den Basisarbeiten des Managements. Bevor wir uns also vertieft über den Teil der Umsetzung unterhalten, muss ich vorausschicken, dass sich das Management, für eine nachhaltig wirksame Nutzung, im Vorfeld intensiv mit der systematischen Planung von CRM befasst und fixiert hat. Denn das Management sollte sich bewusst sein, dass mit dem Start auf eine CRM-Reise ein Paradigmenwechsel eingeläutet wird. Zwingend ist also die Vorstellung, ja Unternehmensstrategie, wie wir die gesamte Organisation rund um die Kundenbedürfnisse von den aktuellen Silos in eine Flow-Organisation aufbrechen, neu aufstellen und zukunftsfähig wieder zusammenbauen. Und CRM ist, ja, nicht nur ein System, sondern eben doch viel mehr: eine ganze Philosophie. Also betreffen die wesentlichen Themenfelder auch das gesamte Unternehmen; kundenorientierte Prozesse und Organisationen, leistungsfähige IT-Architektur und Software, perfekte Informations- und Adressqualität, ein angepasstes Kundenkontakt-Management mit den relevanten Kanälen und schlussendlich ein dynamisches Controlling mit einem nutzbringenden Feedback-Prozess – fokussiert auf CRM, ja – und eben auch über das gesamte Unternehmern Es schafft für seine Kunden einen Mehrwert und dieser Mehrwert gegenüber der Konkurrenz muss laufend gepflegt und verbessert werden; insbesondere mit all den technologischen Neuerungen, wie ich diese eingangs angesprochen habe.

Betrachten wir nun alle diese umfassenden Bausteine und Themenfelder kumuliert, ist jeder Mitarbeiter eine tragende Säule und somit ein Erfolgsfaktor. Ohne motivierte und engagierte Mitarbeiter ist Kundenorientierung unmöglich. Denn Mitarbeiterwertschätzung ist Mitarbeiterbindung ist Kundenbindung. Also sind wir mit dem Flow bereits von Markt und Kunden im Human Ressource Management angelangt ((lacht; Anmerkung Redaktion)).

Jedes Unternehmen, jeder Bereich, jede Abteilung steht an einer anderen Wegmarkierung. Die Geschäftsführung ist gefordert, ihre individuellen Massnahmen und Notwendigkeiten zu definieren. Ein grosser Schritt, der durchaus mit Unterstützung eines neutralen Beraters professionell umgesetzt werden kann. Mit dessen Hilfe lässt sich der Reifegrad in Sachen Kundenorientierung (Customer Centricity) schnell ermitteln. Zur Zusammenarbeit gehört genauso, herauszufinden, welche Kompetenzen vorhanden sind und welche nicht. Ergebnis der Zusammenarbeit ist ein Masterplan, der mit der Geschäftsführung und den internen Key-Playern verabschiedet wird. So verändert das gesamte Unternehmen seinen Fokus. Nach ein, zwei Jahren ist das Unternehmen auf einem hohen Level, was Kundenorientierung und Rentabilität betrifft, angekommen. Ein regelmässiger Review mit dem Experten hilft, die eingeschlagene Richtung erfolgreich zu verfolgen.

Was sind kundenorientierte Prozesse und wie sieht danach eine Flow-Organisation aus?

Nun. Sind Prozesse und Organisation auf Ziel- und Kundengruppen ausgerichtet, dann arbeiten die verschiedenen Abteilungen, wie Verkauf, Marketing, Service und Produktmanagement, so zusammen, dass sie sich auf diejenigen Kunden konzentrieren, die es auch wert sind. Kein Neben-, sondern ein Miteinander! Passende Organisationsformen und Prozesse mit kurzen, klar definierten Entscheidungswegen helfen den Kunden-Managern, das Optimale aus den Beziehungen herauszuholen. Klare Ziele und Vorgaben, ausgereifte Hilfsmittel wie ein CRM-System und Veränderungsbereitschaft beschleunigen den Weg auf diese Erfolgsspur. Um diese zu erreichen, müssen genauso die Führungskräfte neue Aufgaben und Ziele bekommen und sich verändern bzw. ihre Vorbildfunktion wahrnehmen. Dies ist über alle Unternehmensbereiche hinweg, IT, Legal, Buchhaltung und weitere Support-Funktionen mit eingeschlossen.

Ebenso wichtig ist es, Umsetzungs- und Projektmanagement-Stärke aufzubauen. Das Unternehmen muss analysieren, was es kann und in Erfahrung bringen, wie es sich gegebenenfalls fehlende Kompetenzen sichert. Massgabe ist, das Projekt konsequent zu steuern und nach dem Zeitplan umzusetzen.

 

Wie sehen Ihre leistungsfähige IT-Landschaft und eine passende, nutzbringende Software aus?

Der nächste wichtige Baustein ist ein hoher Konsolidierungs- und Harmonisierungsgrad der Daten. Die einzelnen Systeme müssen so zusammenspielen, dass der Anwender auf die benötigten Informationen zugreifen kann. Dabei ist auf eine hohe Usability sowie die Befähigung der Mitarbeiter bei der Toolnutzung zu achten. Das Trainings- und Schulungsbudget darf hier nicht unterschätzt bzw. vernachlässigt werden. Denken Sie an Musiker. Wie oft üben die ihr Instrument, bis sie es perfekt spielen? Zudem muss der Nutzerakzeptanz Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dies bedeutet, im Rahmen der Datenschutz-Möglichkeiten und Abstimmung mit dem Betriebsrat, zu schauen, wie oft sich beispielsweise jemand am System anmeldet, welche Module genutzt, welche ungenutzt bleiben. Die Leistungsfähigkeit der Systeme einerseits, aber vor allem die Nutzung und der Nutzen der Systeme ist eine wichtige Rahmenbedingung. Ansonsten zahlen sie für Systeme, die ihnen keinen Nutzen bringen. Eine hohe Systemverfügbarkeit, gerade bei mobilen Online-Zugriffen, und entsprechende Service-Levels interne und externe Dienstleister bedeuten Komfort für den Anwender und für die Kunden.

Wie bringen Sie es zu einer perfekten Adress- und Datenqualität?

Adress- und Datenqualität ist kein Kostenfaktor, sondern ein Wertschöpfungsfaktor. Damit sie eine solide Grundlage für Strategien und Kampagnen bilden kann, sollte diese Schritt für Schritt optimiert werden. Dazu gehört ein einmaliger Adress- und Datencheck, dessen Ergebnisse in den Erhebungs-, Verarbeitungs- und Qualitätsmanagement-Prozessen zu berücksichtigen sind. Anschliessend müssen die Daten kontinuierlich gepflegt und kontrolliert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass sie nach einheitlichen Massstäben (z.B. On- und Offline-Formulare angleichen) sowie den gesetzeskonformen Regeln erhoben, erfasst und verarbeitet werden. Für aussagekräftige und verlässliche Analysen sind perfekt gepflegte und veredelte bzw. angereicherte Daten die notwendige Grundlage. Ausreichend interne Sensibilität bzw. Pflege-Kompetenzen müssen hierzu dafür vorhanden sein.

Wie berühren wir die Kunden – nicht nur technisch, auch emotional?

Mit nur einem Kommunikationskanal kommt kein Unternehmen mehr aus. Daher gehören effektives Multi-Kanal-Kampagnen- und Touchpoint-Management entlang der Customer Journey mit klaren Kommunikationsregeln zu einem weiteren Erfolgskriterium. Es muss definiert werden, welche On- und Offline-Kontaktpunkte es gibt und was an diesen geschehen soll. Sollen die Interessenten aktiv angesprochen werden oder Autoresponder-Mails erhalten? Je individualisierter bzw. personalisierter die Ansprache, desto erfolgreicher die Kampagne und weniger preissensitiv ist der Kunde. Kundenindividuelle Massenproduktion (Mass Customization) gilt als ein weiterer Weg aus Preis-Vergleichbarkeit und Rentabilitätsdruck.

Ein weiterer Betrachtungspunkt ist: Wie verknüpft man crossmediale Kommunikationsprozesse? Zum Beispiel: Katalog löst Online-Bestellung, diese eine Dankes-E-Mail und nach Paket-Empfangsbestätigung eine Zufriedenheitsabfrage mit Cross-/Up-Selling-Angebot per Telefon aus. Last, but not least sollten Unternehmen so vieles wie möglich testen und aus Fehlern und kleinen Erfolgen lernen. Die Lernkurve ist exponentiell: Am Anfang steigt sie nur langsam, aber dann extrem schnell bzw. steil.

Um die Menschen auch emotional zu berühren, sind Kunden-Verhaltensmuster und Informationen zur Motivsteuerung unerlässlich, sind also im System spezifisch zu hinterlegen und für die Kommunikation idealerweise zu clustern.

Höchstmöglicher Kundenwert dank Planung, Controlling und systematischer Verfeinerung; was meinen Sie damit? Ja. Den Loop, den Kreislauf für die gesamte CRM-Strategie-Umsetzung, schliessen wir mit dem Controlling und den anhaltenden Verbesserungen für eine systematische Verfeinerung ab. Im Alltag ist diese Arbeit nie zu Ende. Je besser Planung, Controlling und Reporting als Steuerungsinstrument funktionieren, umso wirksamer wird die Nutzung und nutzbringender eine CRM-Strategie. Unternehmen sind gefordert, Verantwortung für die Planung und das Controlling mit Blick auf ihre Ziele und die Zielgruppenstärke klar zu definieren. Zentrales Kriterium: der Kundenwert. Dieser setzt sich aus dem Deckungsbeitrag der Vergangenheit bzw. dessen Prognose für die nahe Zukunft zusammen. Hierbei sollte der strategische Fokus auf maximal die nächsten drei Jahre gerichtet werden. Taktisch ist es möglich, den Kundenwert für die kommenden ein bis drei Monate zu prognostizieren. Analyse- und BI-Kompetenz müssen in jedem Unternehmen vorhanden sein. Diese Kernkompetenz sollte man nur bedingt, am besten nicht outsourcen.

Ebenso entscheidend ist es, für das CRM-Cockpit die richtigen Messkriterien zu definieren. Wie viele aktive Kunden hat man? Wann war der Monat der letzten Bestellung (im Vergleich zum Vorjahr)? Erhöht sich der durchschnittliche Vertrags- oder Kaufwert? Die erforderlichen Reports sind den Mitarbeitern automatisiert zur Verfügung zu stellen und Handlungsanweisung daraus abzuleiten. Von irrelevanten Kennzahlen sollte sich das Unternehmen verabschieden. Eine steigende Kundenzufriedenheit bestätigt die positive Entwicklung. Korreliert die Zufriedenheit nicht nur mit der Umsatz-/Rentabilitätssteigerung? Sondern ist sie kausal dafür verantwortlich? Desto besser!

Herr Blum, herzlichen Dank fürs Interview mit diesem vertieften Einblick in die Umsetzung von Strategischem CRM. Weiterhin viel Erfolg für Ihre Themenwelten rund um glückliche Kunden.

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