Wieso bedanken wir uns für Aufmerksamkeit?
von Dr. Peter DaiserIch habe noch nie verstanden wieso viele Vortragende ihre Präsentation mit »Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit« beenden. Das war mir ehrlich gesagt immer schon ein Rätsel. Wieso sollte auf der letzten Folie meiner Präsentation das Gleiche stehen wie bei den meisten anderen? Andere Präsentation, anderes Ende; klingt doch logisch, oder? Außerdem sollten wir den Schluss nutzen, um unserem Publikum nochmals die Kernbotschaft(en) mit auf den Weg zu geben. Unsere abschließende Message an das Publikum kann daher nicht »Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit« sein. Das macht keinen Sinn.
Im besten Fall eine nicht genutzte Chance
Kennt Ihr den Spruch »Der erste Eindruck zählt und der letzte Eindruck bleibt«? Welchen Eindruck hinterlassen wir wohl bei unserem Publikum mit dem nichtssagenden Spruch »Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit«? Vielleicht denken sich die Zuhörer, dass sich der Vortragende keine Mühe bei der Erstellung der Präsentation gegeben hat, dass er keine Zeit hatte oder dass er es einfach nicht besser weiß. Vielleicht denkt sich das Publikum auch gar nichts dabei. Allerdings bin ich felsenfest davon überzeugt, dass kein Teilnehmer sich denkt: »Was für ein inspirierendes Ende; diese Message werde ich so schnell nicht vergessen.« Aber genau darum geht es bei der letzten Folie einer Präsentation: Wir hämmern den Zuhörern noch ein letztes Mal unsere Kernbotschaften ein – denn der erste Eindruck zählt und der letzte Eindruck bleibt.
Entschuldigung, aber ich kann es nicht besser
Erschwerend kommt hinzu, dass der leidige Spruch »Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit« stets von einer negativen Selbstkritik der Vortragenden begleitet wird. Wir vermiesen uns mit dieser hohlen Phrase daher nicht nur den Schluss unserer Präsentation, sondern diskreditieren gleichzeitig unsere Leistung. Stellen wir uns vor, wir hätten diese Floskel am Ende einer Präsentation noch nie gehört und würden uns kritisch damit auseinandersetzen: Was sagt uns der Vortragende damit implizit?
»Ich weiß, es war langweilig und hat Sie nicht interessiert; aber es ist vorbei und Sie haben es tatsächlich überstanden. Sorry für den verursachten Aufwand, die langweilige Präsentation und die in Summe ergebnislose Zeitverschwendung.« Das gleicht dem Abschluss eines grandiosen Date mit einer interessanten, sexy Person, die dich mit nach Hause nehmen möchte, mit den Worten »Vielen Dank, aber ich bin jetzt echt müde«; angesprungen wie ein Tiger, gelandet wie ein Bettvorleger.
Liegen die ganzen Vielen-Dank-für-Ihre-Aufmerksamkeit-Schreiber denn alle falsch?
Ja. Leider verwechseln Menschen häufig Vertrautes mit Vernünftigem. Aus objektiv betrachtet unvernünftigen Gewohnheiten werden Traditionen oder Handlungen, die wir immer schon so gemacht haben. Diese Art der Rechtfertigung mag unser Gewissen beruhigen, aber sie macht die Sache nicht besser.
Das Gegenteil ist der Fall. Oder hast du schon einmal einen Werbespot gesehen, der mit »Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit« endet? Oder ein Theaterstück besucht, bei dem die Schauspieler dem Publikum für die Aufmerksamkeit danken? Oder einen Roman gelesen, dessen letzte Seite der Autor nutzt, um sich für die Aufmerksamkeit zu bedanken? Nein, natürlich nicht. Aber bei Präsentationen gehört das doch dazu – oder? Nein. Daher lasst uns diese wirkungslose Floskel doch einfach aus unseren Präsentationen streichen.
Das Bessere ist der Feind des Guten
Wenn wir nicht vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit schreiben, was denn dann? Mein genereller Rat ist, den Schluss der Präsentation für eine motivierende, bestärkende oder initiierende Botschaft zu nutzen, die zur Situation passt. Es gibt keine Musterformulierungen, die wir gedankenlos übernehmen können – damit würden wir den verhaltensinduzierten Fehler des Vielen-Dank-für-Ihre-Aufmerksamkeit-Syndroms wiederholen: Es handelt sich immer um eine Einzelfallentscheidung! Diese Erkenntnis ist die zentrale Säule eines wirkungsvollen Abschlussstatements, mit dem wir die Chance nutzen, die uns diese Präsentationsphase bietet: Unsere Kernbotschaften als letzte bleibende Message bei unserem Publikum zu verankern; das ist deutlich besser und zielorientierter als »Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit«.
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