Manager schieben digitalen Rückstand auf die Mitarbeiter
Quelle: manager-magazin.de
Deutschlands Konzernführungen trauen ihren Beschäftigten den Sprung ins digitale Zeitalter nicht zu. So lässt sich eine repräsentative Studie der zu Ernst & Young gehörenden Digitalberatung Etventure zusammenfassen, die an diesem Freitag veröffentlicht wird und die das manager magazin vorab einsehen konnte.
76 Prozent der befragten Entscheider aus 2000 Großunternehmen nannten das Fehlen qualifizierter Mitarbeiter mit Digital-Knowhow als wichtigste Hürde für die Digitalisierung – ein steiler Anstieg gegenüber den Vorjahren. Das Vertrauen in die vorhandene Belegschaft schwindet rasch. Nur noch ein gutes Viertel der Unternehmen hielt die Mitarbeiter für ausreichend qualifiziert. Vor zwei Jahren sagte das noch jede zweite Firma.
Andererseits ist das Problem – zumindest aus Sicht der Manager – vielleicht auch nicht allzu ernst. Erstmals seit Beginn der Erhebung 2016 ist der Stellenwert der Digitalisierung gesunken: Nur noch 54 Prozent der Befragten (gegenüber 62 Prozent im Vorjahr) zählten sie zu den Top-3-Prioritäten in ihrem Unternehmen. Zwei Drittel gaben an, dass sie maximal 10 Prozent ihrer Investitionen der digitalen Transformation widmen. Und knapp die Hälfte gab an, man könne den eigenen Umsatz in den kommenden drei Jahren auch halten, ohne digital zu investieren.
In der Krise ist mehr Zeit da, aber weniger Geld zum Investieren
“Besonders gravierend ist die Einschätzung, gar nichts zu tun sei auch eine Option”, kommentierte Etventure-Chef Philipp Depiereux. “In meiner Beobachtung sind deutsche Unternehmen nach einer langen konjunkturell starken Phase saturiert und zu wenig innovativ, was die Eroberung neuer Geschäftsfelder angeht.” Im Fokus stehe das Abarbeiten voller Auftragsbücher. Wenn die Krise aber einmal komme, sei zwar die Zeit zum Nachdenken über Innovation da, erfahrungsgemäß jedoch nicht mehr das Geld.
Positiv merkte Etventure an, dass ein spürbar größerer Anteil der Unternehmen die Position eines Chief Digital Officer geschaffen haben, mit Start-ups oder Forschungseinrichtungen oder gar mit Wettbewerbern kooperieren. Zur Disruption nötig sei ein “geschützter Raum” zum Experimentieren außerhalb der eingefahrenen Konzernorganisation.